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Philos & Sophia - eine never ending lovestory

  • Autorenbild: sophiasblog77
    sophiasblog77
  • 25. Apr.
  • 14 Min. Lesezeit

Aktualisiert: vor 3 Tagen

All diejenigen, die eine echte Lovestory á la Hollywood erwartet haben, muss ich leider enttäuschen. Auch wenn Sophia als weiblicher Vorname allzeit bekannt ist, bezeichnen Philos & Sophia keine konkreten Personen. Vielmehr sind sie eine begriffliche Anspielung auf die Philosophie. "Philos" und "Sophia" stammen nämlich aus dem altgriechischen Sprachraum und bedeuten als Paar "den Freund oder die Liebe zur Weisheit". Es geht also doch auch irgendwie um eine never ending lovestory und zwar um eine immer anreichernde Liebesgeschichte. Und das Beste daran ist, dass sie uns alle etwas angeht und uns alle im Leben berührt!

Unter diesem Titel geht es daher weniger um professionelle Philosophien, obwohl die Philosophie als Wissenschaft auftreten wird. Allerdings werden keine Diskussion darüber führen, wie die Philosophie im Allgemeinen sein sollte, wann etwas zu ihr gehört und wann nicht. Letztendlich ist das aus meiner Sicht ohnehin nur für sich je selbst zu beantworten. Schließlich gibt es keine eindeutigen Paradigma, wo die Grenzen der Philosophie liegen. Und niemand kann sagen, warum sich eine Person der Philosophie verschreibt und ob sie das "richtig" oder "falsch" macht. Vielmehr möchte ich zeigen, dass wir im Kern - aufgrund unseres "Naturells" - Philosophinnen und Philosophen von Haus aus schon längst sind. Deshalb stellt sich die Philosophie hier ganz ihrem Begriff nach vor als unsere tätige Lebenswelt.


Weisheit hat nämlich nichts mit Vielwisserei zu tun, sondern mit dem, wie wir uns en actu - im gegenwärtigen Moment - verhalten. Deshalb kommen manchmal auch Kinder weiser daher als manch viel ältere Personen. Weisheit schließt Wissen aber nicht aus, sondern setzt es sogar ein. Hier kommt es darauf an, wie die Weisheit das Wissen einsetzt. Das Wie der Weisheit beschreibt sich an unserem "Vorsatz" - also an "Philos" - der Freund oder die Liebe zur Weisheit. Hiermit fragen wir uns, was es für uns bedeutet, wenn wir ein Freund zur Weisheit sind? Und was an unserer Freundschaft liegt, wenn diese auch ebenso gut "Liebe" heißen kann?

Bevor wir diese Frage je für uns beantworten, wollen wir uns erstmal einen allgemeinen Begriff darüber verschaffen. Und hierzu zählt natürlich nicht bloß die Philosophie als Lebenswelt, sondern auch die Professionelle oder die Wissenschaftliche. Die wissenschaftliche Philosophie bezeichnet nämlich eine bestimmte Wissenschaft. Und exakt auf diese Bestimmung kommt es uns, weil wir damit ihre Grenzen sowie Grenzüberschreitungen zu anderen Wissenschaften oder Bereichen definieren können. Anhand ihres Kontrasts - ihrer Kontur, ihrer Form, ihrer äußeren Erscheinung - können wir uns ein allgemeineres Bild von ihr verschaffen und uns so langsam zu ihrem Kern, das, was sie im Innersten zusammenhält und ihrer Bedeutung in der Welt heranwagen.


Zugegeben wird es mit diesen Zeilen bei einem "Heranwagen" bleiben. Denn wie bei fast allen philosophischen Themen, finden wir nicht die eine Wahrheit, sondern in der Regel mehrere Antworten und meistens stellen sich danach noch weitere Fragen. Wenngleich es in Wissenschaften um Eindeutigkeit sowie allgemein gültige Schlüsse geht und die Philosophie dabei natürlich nicht zu letzt eine unbekannte Größe spielt. Dann kommt es hier darauf an zu verstehen, dass auch die Philosophie allgemeine gültige Schlüsse zieht, aber vor allem Perspektiven erweitert und es deshalb manchmal so scheint als würde sie kaum etwas beantworten oder nie zum Ende kommen. Letztlich liegt der Grund dafür an unserem Denken. Denn nicht die Philosophie entscheidet, was und wielange wir etwas denken, sondern sie regt oder stößt unser Denken an. Das philosophische "Labor" befindet sich jedoch in unserem Denken selbst. Und das geht uns alle etwas an unabhängig davon, ob wir professionell oder interessehalber über Gott und die Welt philosophieren. Das Denken bleibt uns allen gemein, wie ein Satz des Heraklit besagt. Und damit meint er, dass kein Denken besser oder schlechter sei. Vielmehr komme es beim Denken hinsichtlich der Weisheit an, wie verständig wir uns zeigen. Das heißt, wie aufmerksam wir uns einer Sache widmen. "Verständigkeit" meint bei Heraklit nicht, wie schnell wir eine Sache verstehen oder wie intelligent wir sind. Es kommt auf unsere Aufmerksamkeit und unser Bewusstsein an, wie konzentriert wir uns allein einer Sache hingeben oder zuwenden mögen:


"Verständiges Denken ist höchste Vollkommenheit,

und die Weisheit ist,

wahres zu sagen und zu tun

nach dem Wesen der Dinge

auf sie hinhorchend"

(Heraklit, B112)



Lasst uns bei diesem Satz etwas verweilen. Eventuell ein paar Atemzüge nehmen, bevor ich gleich Schritt für Schritt darlegen werde, warum die Philosophie eigentlich je Angelegenheit unseres Herzens und unsere je ganz persönliche Liebesgeschichte mit dem Leben beschreibt.



Zunächst lade ich dazu ein zu reflektieren, warum wir uns überhaupt mit der Philosophie beschäftigen. Warum liest du beispielsweise gerade diesen Blog? Erinnere dich dabei an den Anfang, dass es hier keine "richtigen" oder "falschen" Antworten gibt. Auch wenn deine Antwort scheinbar erstmal nichts mit der Philosophie direkt zu tun haben sollte, schau, was gerade bei diesen Fragen in dir präsent ist ohne es zu bewerten.

Zweitens fragen wir uns, was wir unter "Philosophie" im Allgemeinen verstehen. Hierzu werde ich verschiedene Gesichtspunkte, die ich aus philosophischen Seminaren mitgenommen habe, mit euch teilen.

Drittens werden sich an den vorigen Aspekten weitere Fragen herausstellen, die ich dann grob beantworten werde. Dabei kommen vor allem die Grenzen und Grenzübergänge der Philosophie zur Sprache. Dieser Schritt erweitert unsere Perspektiven und dehnt sich soweit aus, sodass wir ein umfassenderes Bild über "die Liebe zur Weisheit" erlangen.

Viertens gehen wir nach typisch-philosophischer Manier vor, indem wir ihren Begriff ("Begriff" verstehen wir in der Philosophie generell auch als "Idee") aufteilen in ihre einzelnen Terme, aus denen sie sich zusammensetzt. Dazu betrachten wir also einmal "Philos" und "Sophia" im Einzelnen.

Fünftens kommen wir zu einem kurzen Ausblick und zurück zu uns selbst, warum uns Philosophie alle etwas angeht und sie uns unmittelbar berührt, ob wir gerne nachdenken oder nicht, ob wir ihr bewusst sind oder nicht, ob wir sie kennen oder nicht oder ob wir uns eher professionell oder mehr hobbymäßig für sie interessieren.

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Reflexion


Warum beschäftigen wir uns mit der Philosophie?


Was bedeutet sie für uns?


Warum liest du gerade diesen Blog?


Ich werde meine Antworten auf diese Frage für mich behalten, damit du möglichst unbefangen weiter mit der Thematik in Bewegung gehen kannst.

Falls du dir ein Bild davon machen möchtest, was die Philosophie für mich bedeutet und warum ich mich mit ihr beschäftige, dann findest du auf meiner Webseite natürlich mehr dazu, wie beispielsweise unter "about" oder "über mich" und du bist selbstredend dazu eingeladen mich persönlich kennen zu lernen ("contact"). Unter "Happening" und "move it!" findest du verschiedene Angebote, wie wir zusammen in Reflexion gehen können. Vergegenwärtige hier noch einmal, dass es keine "richtigen" Antworten gibt, sondern wir "Antworten" bloß als Erweiterung unserer Perspektiven verwenden wollen.

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Zweiter Schritt


Was ist Philosophie?

Wo treffen wir auf die Philosophie?

Hat die Philosophie zu anderen Wissenschaften oder Bereichen Berührungspunkte?


"Was-ist-X-Fragen" ist übrigens eine klassisch-philosophische Methode zur Wesens- und Welterschließung und geht auf Sokrates zurück. Hiermit hinterfragen wir innerhalb der Philosophie in der Regel das Sein sowie das Dasein einer Sache, die wir beschreiben und erschließen wollen. Insbesondere in philosophischen Disziplinen, wie der Metaphysik, Ontologie und Phänomenologie treffen wir häufig an diesen Fragen-Charakter.


Meistens geraten wir bei solchen Fragen erstmal ins Stocken. Wir merken, dass wir uns einer Sache nicht so gewiss sind, wie wir sonst mit ihr umgehen. Daher hilft es, wenn wir uns zunächst unseren eigenen Umgang damit vergegenwärtigen. Später wird uns das dabei helfen unseren eigenen Standpunkt besser artikulieren zu können.

Daher werde ich uns einen kleinen Katalog zusammenstellen, wo wir häufig auf die Philosophie treffen. Die Reihenfolge stellt dabei keine Rangordnung dar. Ich werde versuchen möglichst "unbedacht" an die Sache heran zu gehen, in dem ich der Reihe nach aufschreibe, was mir zuerst in den Sinn kommt...


Zunächst denke ich an Universitäten und Schulen, wo die Philosophie als Wissenschaft oder Unterrichtsfach zu finden ist. In Schulen kommt sie auch manchmal nur in einigen ihrer Teildisziplinen vor, wie beispielsweise in dem Fach "Werte und Normen" oder "Ethik". Außerdem finden wir in der Schule auch viele Berührungspunkte der Philosophie zu anderen Fächern, wie beispielsweise Religion, Politik, Geschichte, Pädagogik und Deutsch. Bei näherer Betrachtung würden wir auch Überschneidungen zu den Naturwissenschaften finden, beispielsweise bei dem Gegenstand der Zeit.

Für manche ist der Buddhismus mehr eine Philosophie als eine Religion. Generell finden wir in Religionen oft philosophische Inhalte und Methoden. Man denke hier beispielsweise an das Mittelalter im Abendland, wo viele Jahre das Denken und Leben vom Christentum zensiert war. Philosophie diente damals überwiegend dazu, um Gott als unseren Grund und Mittelpunkt zu begründen.

Auf das Wort "Philosophie" treffen wir auch oft, wenn eine Person oder beispielsweise ein Unternehmen seine Überzeugungen und Werte darlegen möchte. Hier begegnen wir vor allem mehr einer ethischen Philosophie. Nicht zu letzt fehlt die Philosophie daher auch nicht in Ethikkommissionen. Viele Berater sind dementsprechend auch Philosophinnen.

Philosophie treffen wir im Grunde überall dort an, wo wir zum Denken angeregt werden oder ich würde sagen, wo unser Denken ein Spagat vollziehen muss. Deshalb begegnen wir der Philosophie nicht zuletzt in je unserem eigenen Denken. Die Grenzen der Philosophie sind daher oft nicht eindeutig und vor allem nicht für alle gleich, wie beispielsweise die Wände eines Wohnzimmers. In dem Haus der Philosophie sind im Grunde alle Räume offen und trotzdem gibt es: Ein Bad, eine Küche, ein Wohnzimmer, ein Schlafzimmer und was sonst noch zu einem Haus dazu gehören kann.

Irgendwo - es war während des Abiturs zum Philosophieunterricht, in einem Text, den unsere Lehrerin Frau Badel uns gab - las ich über die Philosophie, dass sie ein Mittelweg zwischen der Religion und der Kunst sei. Ich fühlte mich direkt von der Antwort berührt und abgeholt. Ohne Einwände und Überlegung stimmte ich zu. In der ersten Woche meines Philosophiestudiums sollte sich dann für mich herausstellen, dass ich dies aber noch gar nicht hinreichend artikulieren konnte. Einer meiner Dozenten stellte uns in einer Einführungsverantaltung zur Philosophie die Frage: Was ist Philosophie? Meine Meldung nahm er als erstes zu Wort und wie ihr euch bestimmt schon denken könnt, gab ich ihm zur Antwort, dass die Philosophie ein Mittelweg zwischen Religion und Kunst sei. Aber er wirkte davon überhaupt weder berührt noch abgeholt. Ohne darauf weiter näher einzugehen, nahm er weitere Wortmeldungen entgegen und meine Antwort ging in dem Meer der vielen anderen unter. Damals hätte ich ihm und auch den anderen gerne noch erklärt, wie ich das meine. Aber vorerst kam ich zu dem Schluss, dass ich im Grunde gar nicht weiß, was die Philosophie eigentlich ist und darüber noch weiter nachdenken müsse...

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Dritter Schritt


Hier vergegenwärtigen wir uns die Aspekte der Grenzübergänge der Philosophie. Allgemein erkennen wir an den Grenzen und den Grenzübergängen sowie den Überschneidungen die Sache selbst. Beispielsweise können wir das Licht nur als Licht erkennen durch den Schatten. Wenn wir uns in einem reinen Lichtraum befinden würden, wäre alles absolut hell und wir könnten uns noch nicht mal einen Begriff davon machen, das es hell ist. Erst wenn wir das Gegenteil einer Sache erkennen, gewinnen wir einen Eindruck davon, wie die Sache, die wir näher betrachten wollen, beschaffen ist, was für Werte und Implikationen sie hat. Beispielsweise können wir nur die Wahrheit sprechen, wenn wir auch wissen, wie das Lügen geht. Andernfalls wäre es hinfällig und nicht notwendig von "Wahrheit" im moralischen Sinne oder "Ehrlichkeit" zu sprechen.


Im vorigen Schritt hatten sich schon mehrere Grenzfälle der Philosophie angedeutet. Letztlich hatte ich von meiner Erfahrung berichtet über meine erste - zumindest meine erste bewusste - Antwort auf die Frage, was ist Philosophie?, mit euch geteilt. Mittlerweile kann ich etwas besser artikulieren, was mich damals an der Antwort berührt und abgeholt hatte. Zuerst konnte ich mich in der Beschreibung wiederfinden, weil die Philosophie als Grenzfall beschrieben bzw. "Mittelweg" bezeichnet wird. Über die Eingrenzungen oder Perspektiven, die hier auf die Philosophie genommen wird mit der Religion oder Kunst, lässt sich sehr gut streiten. Aber das die Philosophie eine Art Mittelweg oder ein Weg zwischen sehr vielen anderen und verschiedenen Wegen gräbt, steht wohl ausser Frage. Mir fällt ad hoc jedenfalls nichts ein, was wir nicht zum philosophischen Gegenstand machen könnten. Darüber könnten wir im Einzelnen selbstredend wieder streiten. Aber der Streit darüber ist nicht so naheliegend, wie der Streit darüber, ob die Philosophie nur zwischen zwei Wissenschaften oder Bereichen einen Mittelweg geht. Neben der Kunst und der Religion gibt es noch etliche andere Bereiche, wo die Philosophie entweder ihre Finger mit im Spiel hat oder sich beeinflussen lässt. Hiermit verdeutlicht sich, dass es unmöglich scheint die Philosophie zu umschließen oder zu durchdringen, womit sich der Geschmack, den sie auf unserer Zunge als never ending Lovestory hinterlässt, unterstreicht.

Trotz dessen wir die Philosophie in sehr vielen anderen Bereichen wiederfinden als nur in der Religion oder Kunst, möchte ich dort auf einige Aspekte hinweisen. Zum einen scheint mir beispielsweise die Politik oder Pädagogik noch zu nah und gleichzeitig auch viel zu weit weg. Schließlich findet sich innerhalb der Philosophie die Politik als sehr weit ausgedehnte Teildisziplin. Letztlich können die meisten Philosophien auch pädagogisch gelesen werden, womit sie sich also auch um politische Bedürfnisse dreht. Schließlich versuchen Philosophinnen und Philosophen im allgemeinen zu ergründen, was unsere Welt im Innersten zusammenhält und wie wir sie erkennen können. Das berührt zwangsläufig nicht nur politische, sondern beispielsweise auch die Belange von Seiten der Psychologie. Neben der Tatsache, dass Sigmund Freuds "Entdeckung" des Unbewussten aus seinen Studien zu Schopenhauer und Nietzsche rührt, arbeitet die Psychologie also auch mit der Philosophie zusammen oder bezieht sich auf sie. Beide Wissenschaften drehen sich letztlich um die kantsche Frage: Was ist der Mensch?


Die Sache ist immer die, dass wir als Philosophierende irgendwo ansetzen müssen, um etwas zu untersuchen, um ihr sozusagen auf den Zahn zu fühlen. Da wir uns gerade einige Aspekte der Grenzübergänge der Philosophie selbst vergegenwärtigen wollen und sie aber nicht umfassen können, müssen wir also einen Anfang bestimmen. Zur Religion und Kunst gibt es massive - ja grundlegende - Unterschiede, aber auch Gemeinsamkeiten. Folgend werde ich also einige von ihnen etwas näher für uns beleuchten.

Die Religion beispielsweise ist glaubensbasiert. Die Philosophie als Wissenschaft würde sich wohl kaum auf ihren Glauben berufen. Aber beruht die Philosophie nur auf Fakten? Das würde nicht mit unseren Erfahrungen über die Philosophie übereinstimmen. Schließlich ist die Philosophie doch dafür bekannt mehr Fragen als Antworten zu liefern. Philosophie mag in erster Linie bekannt dafür sein, dass sie argumentiert und das mag wiederum mit einer Ansammlung von Wissen einhergehen. Aber Wissen sollten wir nicht mit Fakten verwechseln. Unser Wissen steht nämlich allzeit auf dem Prüfstand. Das liegt an der Tatsache, das sich Dinge ändern. Wir können nicht mit Gewissheit sagen, ob unser Wissen in 200 Jahren noch unseren gegenwärtigen Tatsachen entspricht und wir können ebenso wenig sagen, ob unser Wissen auch schon vor 200 Jahren mit unseren Tatsachen übereingestimmt hat.

Hiermit deutet sich an, was Religion und Philosophie irgendwo auch verbindet. Beide sind in gewisser Hinsicht glaubensbasiert. Letztlich führt auch die Philosophie nicht selten als die letzte Begründung für die Entstehung der Welt das Absolute oder Ewige an. Nur nennen nicht alle Philosophinnen und Philosophen das Absolute oder Ewige "Gott". Und beim Glauben geht eine innere Überzeugung mit einher, das wir häufiger in Religionen vorfinden. In der Philosophie können wir sogar Standpunkte einnehmen und vertreten von denen wir weder überzeugt sind noch danach leben. Deshalb würden wir auch nicht behaupten, dass die Philosophie glaubensbasiert ist. Vielmehr lernen wir mit der Philosophie, dass wir nichts mit Gewissheit wissen können. Im Grunde stellt die Philosophie daher auch einen Raum für das Ungewisse, das Dunkle und das Mysterium bereit. Die Philosophie beschäftigt sich häufig mit Dingen, woran sich sonst niemand herantraut, es noch keine entsprechenden Messinstrumente dafür gibt oder worauf auch einfach noch niemand zuvor gekommen ist. Die Philosophie versucht im Grunde Dinge zu artikulieren für die es noch gar keine Worte gibt.

Hiermit stellt sich ihre Nähe zur Kunst heraus und zugleich auch ihr Unterschied. Denn die Kunst kann Dinge in nicht-sprachlicher Form ausdrücken und zwar so, dass sie universell für alle möglichen ethnischen Gruppen ein sinnvoll Verstehbares darstellt. Selbstredend erleben wir Kunst alle individuell verschieden. Das, was an ihr universell ist, liegt darin, dass wir alle - bestenfalls - etwas sinnvoll Verstehbares für uns selbst heraus ziehen. In der Philosophie verfolgen vor allem den Aspekt des universell Verstehbaren. Jedoch macht sie das vorzüglich in sprachlicher Form. Aber sie verwendet dafür nicht immer den typischen wissenschaftlichen Prosa-Standart, sondern bedient sich etlichen musich-poetischen Stilen. Man denke nur an Platons Dialoge, an die Aphorismen der alten Griechen, an Goethe oder Nietzsche. Daneben entwickelt die Philosophie auch ganz eigentümliche Darstellungsform, die einhergehen mit ihren Methoden. Beispielsweise legen Phänomenologinnen ihren Standpunkt in der Regel in der ersten Person Singular dar und nicht in der dritten Person Singular, wie es sonst für gewöhnlich in wissenschaftlichen Ausführungen gemacht wird.

Abschließend möchte ich noch eine Perspektive auf die Verbindung von Kunst und Philosophie, die ich mal in einem meiner Seminare hörte, kurz zitieren, weil es so ziemlich auf den Punkt bringt, warum Philosophie uns alle etwas angeht und uns unberührt:




"Denn im besten Fall

verschönert die Kunst und die Philosophie

unser Leben".




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Vierter Schritt


Kommen wir also zu einem Teil der typisch-philosophischen Werkzeug der Begriffsanalyse. Hiermit einigen wir uns sozusagen auf eine gemeinsame Lesart der Begriffe. Schließlich finden sich - trotz Definitionen - immer verschiedene Verwendungsweisen von Begriffen. Sprache ist eben nicht so stabil, wie sie uns meistens erscheint. Sie verändert sich im Grunde mit uns zusammen. Was sich heute beispielsweise unter "Freundschaft" subsumiert, gab es vor unserem digitalen Zeitalter noch gar nicht zu sagen. Damit verschieben sich nicht nur Werte, sondern auch Bedeutungen und das Verständnis für einen Begriff. Dies ist nur ein Grund von vielen, warum die Philosophie aus unseren Wissenschaften nicht wegzudenken ist. Denn gerade, wenn es um die Veränderungen von Begriffen geht, werden wir philosophisch und dies zeigt sich nun folgend an ihrem Begriff selbst...


Eingangs hatte ich ja schon gesagt, was der Begriff "Philosophie" bedeutet: "Der Freund oder die Liebe zur Weisheit". Zur Sophia - der Weisheit - hatte ich auch schon Wesentliches vorgelegt. Und mit unserer Reflexion sowie den vorigen Schritten, können wir mindestens zwei Aspekte dazu schon einmal festhalten:


  1. Weisheit ist nicht gleich Wissen.

  2. Weisheit schließt das Wissen aber nicht aus.


    Allgemein hatten wir bei der Philosophie zuletzt in Betracht gezogen, dass sie unser Wissen sogar hinterfragt hinsichtlich der Beschaffenheit unseres aktuellen Erfahrungsraums. So verändern sich die Bedeutungen der Begriffe permanent, weshalb die Philosophie sich bemüht - aus ihrem Anspruch der universellen Verstehbarkeit heraus - erstmal eine gemeinsame Lesart zu erurieren. Damit können wir einen dritten Aspekt festhalten:


  3. Weisheit hat etwas mit Erfahrung zu tun.

    Erfahrung wiederum ist nichts, was uns schon einmal vorher begegnet ist. Im Grunde betreten wir mit jedem unserer Atemzüge immer einen neuen Erfahrungsraum. Wir sagen zwar manchmal "immer wieder die gleichen Erfahrungen gemacht zu haben". Aber das, was eigentlich daran gleich ist, ist nicht die Erfahrung, sondern unser Erleben dazu. Andernfalls würde es keinen Sinn machen davon zu sprechen, dass wir Erfahrungen sammeln. Ebenso irrsinnig würde es klingen, wenn wir behaupten, dass wir Erleben gesammelt haben. Ich will dies an der Wartezeit beim Arzt veranschaulichen. Angenommen uns erscheint die Wartezeit beim Arzt immer zu lang. Dann machen wir zwar immer wieder die gleiche Erfahrung, das die Wartezeit zu lang ist, aber das was eigentlich dazu immer gleich bleibt, ist nicht die Wartezeit an sich, sondern unser Erleben dazu. Zunächst einmal dauern Wartezeiten in der Regel ohnehin nicht exakt gleich lang. Die Dauer variert und wir würden von einem Zufall sprechen, wenn eine Wartezeit exakt gleich lang zu einer anderen gewesen wäre. Nehmen wir weiter an, wir treffen im Wartezimmer auf einen Freund, wir unterhalten uns solange angeregt mit ihm bis wir aufgerufen werden. Uns würde wahrscheinlich noch nicht mal auffallen, dass wir eigentlich gewartet haben. Übrigens gibt es zum individuellen Zeiterleben pathopsychologische und philosophische gemeinsame "Fakten", wie sich unser Zeiterleben auf unsere mentale Verfassung auswirkt usw. Kurzum es wäre überhaupt nicht weise und vor allem auch falsch zu behaupten, dass alle Wartezeiten beim Arzt immer zu lange dauern.

    "Weisheit" ist also etwas, dass mit unserem Leben sozusagen atmet und sich findet. Wir können Weisheit nicht anhäufen wie Wissen oder Erfahrung, sondern uns nur auf Wissen und Erfahrung einlasssen und darin Weisheit üben. Beispielsweise könnten wir den Satz des Heraklit von oben als Einladung mitnehmen und "hinhorchend" auf das Wesen der Dinge - also den gegenwärtigen Moment oder die aktuelle Situation, in der wir uns befinden - reden und handeln.

    Und hierbei kann uns unser Vorsatz, Philos, unser Freund oder unsere Liebe, unterstützen, indem wir uns das Unerwartete - unseren Erfahrungsraum, der sich mit jedem Atemzug neu tapeziert - zum Freund machen. Und dabei zu lernen uns mehr auf das Unerhoffte einzulassen, indem wir der Gegenwart unsere volle Aufmerksamkeit schenken. "Das Unerhoffte" klingt bestimmt ungewöhnlich und daher noch abstrakt. Ich werde dazu etwas in einem anderen Blogeintrag über die Perspektiven auf das Unerhoffte schreiben. Hiermit möchte ich vorerst zum Ende kommen mit einem Zitat aus Nietzsches Zarathustra über den Freund:


    "Du willst kein Kleid vor deinem Freund tragen?

    [...]

    Du kannst dich für deinen Freund nicht schön genug putzen:

    Denn: du sollt ihm ein Pfeil und eine Sehnsucht nach dem Übermenschen sein"

    (Nietzsche, Friedrich 2020: Also sprach Zarathustra, S. 72. München: Kritische Studienausgabe).


    Sollte das jetzt noch mehr Fragen, in dir hervor rufen, dann begrüße ich dich auf dem Weg der Philosophie und wenn du erstmal keine Fragen mehr hast, dann hoffe ich, dass du hiermit ein paar Antworten über die never ending lovestory von Philos und Sophia für dich herausziehen konntest.

    In weiteren Blogeinträgen zu Themen, wie der Freundschaft, Nietzsches Seiltänzer und der Übermensch, das Hinhorchende der Glückseligkeit oder das die Liebe zur Weisheit die Hingabe zur Philosophie bedeutet, werde ich die Perspektiven rund um eine bewegte Philosophie, bei der das Denken und Leben miteinander Hand in Hand gehen, weiter ausdehnen..

    Hiermit verabschiede ich mich zunächst bei euch, wünsche euch ein erfüllte und schöne Zeit mit der Hoffnung, dass wir uns auf folgendes Fazit einigen können:




    Vorerst ein Schluss mit viel Ausblick!

    (Fünfter Schritt)


 
 
 

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